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Was ist Neuroplastizität? Und was hat das mit Logopädie zu tun? 

Immer wieder kommt in Zusammenhang mit Logopädie der Begriff Neuroplastizität auf. Aber was ist eigentlich Neuroplastizität?

Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, ich im Lauf des Lebens auf Veränderungen und neue Erfahrungen einzustellen. Unser Gehirn kann neu lernen. Das heißt, unser Gehirn baut bis ins hohe Alter Nervengewebe neu auf. Abhängig von dem, was wir tun und denken, wird Nervengewebe neu vernetzt.

Als ich vor mehr als 25 Jahren zur Logopädin ausgebildet wurde, haben wir noch ‚gelernt‘: Unser Gehirn wird bis zum rosigen Alter von ca. 25 immer schlauer, und dann geht es bergab. Heute wissen wir: Zum Glück stimmt das nicht. Wir haben auch ‚gelernt‘: Funktionen, die nicht innerhalb weniger Monate zurückgewonnen wurden, bleiben verloren. Zum Glück ist auch das falsch.

Ich habe (nach dem Alter von 25 Jahren) gelernt und immer wieder mit meinen Patientinnen und Patienten erlebt, dass das Gehirn zu Faszinierendem in der Lage ist – wenn wir es entsprechend stimulieren.

Welche Konsequenz hat das für Sie?

Wenn Sie mit uns arbeiten, dann ist unser Ziel nicht nur, mehr Muskelfasern aufzubauen. Wir arbeiten hin auf eine verbesserte Neuroplastizität. 

=> Funktionen, die früher von Hirnarealen gesteuert wurden, die heute nicht mehr oder nur noch reduziert arbeiten, können von anderen Hirnarealen übernommen werden (z.B. nach Schlaganfall, Hirnblutungen oder Hirntumor). 

=> Hirnareale, die aufgrund geringerer Verwendung weniger aktive Nervenzellen aufweisen, können reaktiviert werden (z.B. haben MRT-Aufnahmen bei Menschen mit Parkinson gezeigt, dass Hirnareale, die für automatisiertes Sprechen verantwortlich sind, nach LSVT LOUD® wieder aktiver arbeiten).

=> ein atypisches Schluckmuster, das zu kieferorthopädischen Problemen führen kann oder eine falsche Verwendung der Stimmmuskulatur, die zu Heiserkeit führen kann, sind Beispiele für ein falsch ‚erlerntes‘ Verhalten. Aber erlerntes Verhalten kann umgelernt werden.

=> Nervengewebe, das beschädigt wurde (z.B. durch Tumoroperationen oder Unfälle) ist wieder zusammengewachsen. Entsprechend haben sich z.B. Schluckstörungen, Sprachstörungen und Gesichtslähmungen verbessert.

Wie beeinflussen Sie mit therapeutischer Hilfe Ihre Neuroplastizität?

Was Sie dafür brauchen, ist intensives Training. Intensiv heißt in vielen Fällen Training mit vielen Wiederholungen und hoher Anstrengung. (Bitte klären Sie jedoch mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt oder mit Ihrer Therapeutin / Ihrem Therapeuten, ob bei Ihrer Diagnose anstrengendes Training sinnvoll ist. Es gibt wenige Ausnahmen.)

Wenn Sie sich fragen, warum Sie zusätzlich zur eigentlichen logopädischen Behandlung auch noch zu Hause trainieren sollen, dann finden Sie die Antwort genau hier.

Für eine bessere Neuroplastizität brauchen Sie viele Wiederholungen. Trainieren Sie nicht nur so lange, bis Sie es auf Aufforderung richtig machen können. Unser gemeinsames Ziel ist, dass Sie so lange trainieren, bis Sie es nicht mehr falsch machen können.

Die Prinzipien der Neuroplastizität sind übertragbar auf nahezu alles, was wir in unserem Leben tun. Es ist nicht nur das Gehirn, das unsere ausführenden Muskeln und Gedanken steuert. Ganz genauso beeinflusst das, was wir tun und denken auch die Plastizität unseres Gehirns.

Wenn Sie also die Übungen, die wir Ihnen als häusliches Training aufgeben, regelmäßig durchführen, beeinflussen Sie Ihre Neuroplastizität und damit die Fähigkeit Ihres Gehirns, Funktionen wieder gesünder zu steuern.

Hausbesuche in der Logopädie gehören zu unserem Leistungsspektrum

Oft bekommen wir Anfragen, ob wir auch Hausbesuche in der Logopädie anbieten. Ja, das tun wir. Wenn dies erforderlich ist, können Sie Ihre logopädische Therapie in Ihrem Zuhause erhalten.

Nach Schicksalsschlägen wie z.B. Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder Krebserkrankungen in der Mundhöhle oder im Rachen müssen sich unsere Patienten und Patientinnen den Weg zurück zu einer besseren Lebensqualität wieder hart erkämpfen. Oft sind die Menschen, mit denen wir in unserer Praxis arbeiten, aufgrund ihrer Erkrankung zusätzlich in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt.

Für viele Menschen ist bereits der Weg in die logopädische Praxis eine große Herausforderung. Und wenn man bereits von der Anfahrt zur Praxis erschöpft ist, dann profitiert man möglicherweise auch von der Behandlung selbst weniger.

Aber nicht nur aufgrund körperlicher Bewegungseinschränkungen kann der Weg zur Praxis ein Problem sein. Menschen mit schweren Schluckstörungen sind nicht selten auf Ernährung über Magensonde angewiesen. Eine komplette ‚Mahlzeit‘ über Magensonde nimmt man nicht mal eben in ein paar Minuten zu sich. Dies erfordert sehr viel Zeit. Und so kann die Dauer der Anfahrt zur Praxis und wieder nach Hause ein zusätzlicher Stressfaktor sein kann.

Um Ihnen die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen, bieten wir Ihnen bei Bedarf auch Hausbesuche an. Logopädische Therapie als Hausbesuch kann Ihre Lebensqualität erheblich verbessern, weil Sie den Stress und die Belastungen reduzieren können, die mit dem Transport in die Praxis verbunden sind.

Im Hausbesuch können wir Ihnen alle logopädischen Leistungen bieten, die Sie auch in der Praxis bekommen.

Wenn Ihr Arzt / Ihre Ärztin Ihnen auf dem Rezept für Logopädie einen Hausbesuch verordnet, wird dies von Ihrer Krankenversicherung übernommen.

Selbstverständlich kann ein Hausbesuch aber nur dann verordnet werden, wenn dies medizinisch begründbar ist.

Wenn Sie oder eine Bezugsperson Schwierigkeiten mit der Sprache, der Stimme, der Sprech- oder Schluckfunktion haben aber der Weg in die Praxis eine zu große Hürde darstellt, sprechen Sie uns gerne an. 

Therapie von Schluckstörungen als Videotherapie?

Ist die Therapie von Dysphagien / Schluckstörungen über Videotherapie möglich? 

Ganz klar: Ja! … mit Einschränkungen … 

Das war das Thema, in dem ich den deutschen Bundesverband für Logopädie in den Vertragsverhandlungen zur Videotherapie / TML (Telemedizinische Leistung) unterstützen durfte.

Vielfach wird die Therapie von Schluckstörungen (Dysphagien) noch assoziiert mit direkten Schluckversuchen. Aber Dysphagietherapie ist so viel mehr als Götterspeise-Schlucken.

Einen sehr großen Teil qualitativ hochwertiger Dysphagietherapie bezeichne ich als „Mukibude für die Schluckmuskulatur“. Das müssen Sie sich vorstellen wie Krafttraining und Beweglichkeitstraining für die Zunge über Zungenbewegungen oder für die Rachen- und Kehlkopfmuskulatur über Stimm- und Artikulationstraining. Und das funktioniert auch über Videotherapie ganz hervorragend. 

Es ist eine Freude, dabei zusehen zu können, wie sich z.B. die Kehlkopfbewegung beim Schlucken verbessert, wenn man entsprechende Stimmübungen durchführt … oder wie sich die Auslösung von spontanen Schluckreaktionen beim Speichelschlucken verbessert, wenn man Übungen für besseren Unterdruck in der Mundhöhle durchführt.

Natürlich machen wir auch direkte Schluckversuche. Diese machen meines Erachtens aber nur dann Sinn, wenn wir sie für diagnostische Zwecke brauchen oder Schlucktechniken trainieren. Von solchen Therapieinhalten rate ich in der Videotherapie dringendst ab. 

Mein Fazit nach sehr vielen Dysphagiebehandlungen über Videotherapie: 

  • direkte Schluckversuche – nein
  • „Mukibude“ für die Schluckmuskulatur – definitiv ja!

Und es ist mir eine Freude, wenn ich heute in unseren Verträgen lese, dass wir genau das bekommen haben.

Wichtig für eine Dysphagietherapie als Telemedizinische Leistung ist allerdings folgende Grundvoraussetzung: 

Eine Telemedizinische Leistung kommt nur für Patienten in Frage, die aktiv Übungen durchführen können. Patient*Innen, die so schwer betroffen sind, dass sie vorrangig passiv stimuliert werden können, sollten keine Videotherapie sondern eine Präsenzbehandlung bekommen.

Kieferorthopädie und Schluckstörung?

Regelmäßig erreichen mich Anrufe besorgter Eltern, weil die Kieferorthopädin / der Kieferorthopäde ihnen erklärt hat, ihr Kind habe eine Schluckstörung.

Das Wichtigste zuerst: Was das Internet Ihnen ausspuckt, wenn Sie nach ‚Schluckstörung‘ suchen, mit aller Wahrscheinlichkeit ist nicht das, was Ihr Kind hat.

Wenn Sie im Internet den Suchbegriff ‚Schluckstörung‘ eingeben, dann bekommen Sie schnell Informationen zur sogenannten ‚Dysphagie‘. Die Gefahren, die mit solch einer neurologisch oder onkologisch bedingten Schluckstörung einher gehen, bestehen bei Ihrem Kind nicht. 

Ihr Kind hat nichts Bedrohliches, sondern etwas, was nervt, weil man etwas Zeit und Energie investieren muss, wenn man es korrigieren möchte. Und eine solche ‚Schluckstörung‘ zu korrigieren, macht durchaus Sinn, weil Ihr Kind dann im Erwachsenenalter Geld spart und ein geringeres Risiko hat, irgendwann Kiefergelenksprobleme oder wieder eine Zahnfehlstellung zu bekommen.

Zahnfehlstellungen, Kieferfehlstellungen und / oder Gebissanomalien, wie sie in der Kieferorthopädie behandelt werden, können mit dadurch verursacht worden sein, dass die Zunge beim Schlucken an die falsche Stelle drückt. Unsere Zunge hat eine erstaunliche Kraft. So passiert es, dass die Zunge den Kiefer und die Zahnstellung formt – und manchmal eben in eine falsche Position schiebt.

Wenn dies eine Ursache für die Zahnfehlstellung Ihres Kindes ist, dann sagt Ihnen die Kieferorthopädin, Ihr Kind schluckt falsch.

Diese Art der Schluckstörung bezeichnen wir auch als atypisches Schluckmuster.

Wie kann es zu solch einer Zungenfehlfunktion kommen? 

Ganz einfach zu erklären: Wenn Ihr Kind gerne am Daumen gelutscht hat, den Schnuller geliebt hat und lange nicht hergeben wollte oder einfach oft Erkältungen hatte und durch den Mund geatmet hat, dann hat das eine Auswirkung auf die Position und Spannung der beteiligten Muskelgruppen. So lernt das Gehirn, eine falsche Muskelfunktion der Zunge und der Lippen als normal abzuspeichern. Und schon wird ein Verhaltensmuster gelernt, das für eine gesunde Zahnstellung nicht förderlich ist.

Wie kann das therapiert werden?

Die Behandlung besteht grob aus 2-3 Bereichen

  1. Muskeltraining, damit die Muskulatur mit gesunder Kraft und Beweglichkeit arbeiten kann
  2. Verhaltenstraining – wir müssen ein gesünderes Schluckmuster lernen und dann so oft wiederholen, dass das Gehirn es als das neue ‚Normal‘ abspeichert.
  3. Wenn zusätzlich zur Muskelkraft und -Beweglichkeit auch eine Wahrnehmungsstörung in der Mundhöhle besteht, dann trainieren wir mit Ihrem Kind auch, den Mund besser zu spüren.

Wie lange dauert so eine Behandlung?

Das hängt vor allen Dingen davon ab, wie viel Ihr Kind (d.h. Sie mit Ihrem Kind) zu Hause trainiert. Wenn ein Bewegungsmuster umtrainiert werden soll, dann reicht 1x/Woche Logopädie nicht aus. Aber wenn Sie einen Weg finden, die Zungen- und Lippenübungen, die wir Ihnen zeigen, so viel wie möglich in den Alltag integrieren, dann können Sie das mit einem 10er-Rezept gut schaffen. Bei stärkeren Fehlstellungen brauchen wir auch mal 20 Stunden. Das ist aber eher selten.

Konnte ich Sie ein bisschen beruhigen? Ich hätte sonst noch einen:

Ich selbst hatte als Kind ein atypisches Schluckmuster. So habe ich den Beruf der Logopädin kennen gelernt. Sie sehen also, das fehlerhafte Schluckmuster, von dem Ihre Kieferorthopädin gesprochen hat, ist keinerlei Grund zur Sorge. Man kann nach erfolgreicher Korrektur sogar selbst Logopädin werden.

Therapie von Gesichtslähmungen über Videotherapie

Kann man eine Gesichtslähmung / Fazialisparese über Videotherapie behandeln? Bei uns ja.

Im März 2020 war ich (nur kurz) verzweifelt. Ich hatte unter anderem eine Patientin mit einer schweren Gesichtslähmung, die ich bis März 2020 nach dem Programm von Castillo Morales behandelte. Sie hat gute Erfolge gezeigt.

Aber nach Bestrahlung, Chemo und zusätzlich noch anderen Diagnosen, die ein großes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 bedeuten, hatte sowohl die Patientin als auch ich einfach Angst, sie ohne Maske zu behandeln. Und um die Muskulatur des Fazialismundastes behandeln zu können, muss ich die Muskulatur nunmal anfassen!

Wir haben auf Videobehandlung umgestellt. Besser als gar nichts, dachten wir.

Der Verlauf war faszinierend. Nun habe nicht mehr ich die Stimulation der Mimischen Muskulatur durchgeführt. Jetzt hat die Patientin selbst Hand angelegt. Ihre Stimulation war z.T. deutlich kraftvoller, als ich dies bei ihr durchgeführt hätte (und verstehen Sie mich nicht falsch. Nach Behandlungen bei mir wurde bereits gesagt: „Mir ist ein Bulldozer durchs Gesicht gefahren“). Neben der nun noch stärkeren Stimulation hat die Patientin unter meiner Anleitung gelernt, auch außerhalb der Behandlungen ihr zusätzliches Training wesentlich präziser durchzuführen.

Als Fazit heute darf ich Ärztinnen und Ärzte zitieren, die die Patientin immer wieder für Kontrolluntersuchungen sehen: „Frau XY, Ihr mimischer Ausdruck ist unglaublich gut geworden! Solche Verbesserungen sehen wir sonst nach solchen Eingriffen nicht.“

Das intensivere und noch präzisere Training mit maximalen Wiederholungen hat Verbesserungen bewirkt, die ich in dieser Form auch noch nicht gesehen hatte. Mein Vorgehen in der Behandlung von Fazialisparesen ist heute stark beeinflusst von diesen Erfahrungen. Und ich kann nur sagen: Telemedizinische Leistung – also Videotherapie – bei Fazialisparesen ist kein Plan B, sondern mindestens geleichermaßen effektiv.

Logopädie als Videotherapie

2019 hätte kaum jemand vermutet, dass logopädische Behandlung über Videotherapie im Jahr 2022 als reguläres Therapieangebot sogar im Gesetzestext festgeschrieben ist und von den Krankenversicherungen erstattet wird.

Aber so ist es. Mit den Erfahrungen, die wir in den vielen Monaten der Corona-Pandemie sammeln mussten … in dem Fall: durften, haben wir es geschafft, gemeinsam mit dem GKV-Spitzenverband Verträge zu formulieren, die Ihnen als Patient / Patientin die Möglichkeit geben, Ihre Logopädische Therapie auf Wunsch auch als sogenannte TML (Telemedizinische Leistung) in Anspruch zu nehmen. 

Eine Videobehandlung in der Logopädie war eine effektive Möglichkeit, Patient*Innen auch während der Pandemie ohne Maske zu behandeln. Heute ist diese Möglichkeit auch in anderen Situationen beliebt, in denen eine persönliche Sitzung nicht möglich oder mit Stress verbunden ist (Erkältung / kurzfristig keine Kinderbetreuung / besser mit beruflichem Alltag zu vereinbaren / Bein gebrochen… )

Meine Erfahrung ist die, dass durch die Nutzung von Technologie logopädische Behandlungen seltener ausfallen mussten. Gerade kürzlich war aufgrund eines Streiks im öffentlichen Nah- und Fernverkehr München quasi lahmgelegt. Früher hätte das für Patient*innen Therapieausfälle bedeutet (und für mich als Selbständige einen saftigen Verdienstausfall). Heute haben fast alle spontan auf Telemedizinische Leistung (TML) umgestellt, und die Behandlungen konnten ohne Zeiteinbußen und ohne Qualitätsverlust stattfinden.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen bei der Videobehandlung in der Logopädie. Die größte Herausforderung ist meiner Erfahrung nach die Internetqualität in unserem Land. Aber die Qualität von Programmen und Internetqualität hat sich in den letzten Monaten bereits gut gebessert, sodass ich optimistisch in die Zukunft blicke.

Oft wird die Frage gestellt, ob beispielsweise die Untersuchung muskulärer Strukturen im Mund-/Halsbereich über TML überhaupt möglich sei? Ich habe seit Beginn der Corona-Pandemie gut 3000 Behandlungen über Videotherapie durchgeführt. Ich kann diese Frage ganz klar beantworten mit JA. Wenn die Beleuchtung und die Bildqualität so umgesetzt werden, wie wir das laut Verträgen ohnehin umsetzen müssen, dann ist eine kompetente Beurteilung gar kein Problem.

Und sollten doch Fragen offenbleiben, dann führen wir eben zwischendurch eine Behandlung in der Praxis oder im Hausbesuch durch – denn eine der Bedingungen für Videobehandlung ist: die Therapie muss bei Bedarf immer auch in Präsenz durchgeführt werden können.

Über welchen Anbieter darf eine Telemedizinische Leistung angeboten werden?

Wir haben hier klare Vorgaben, an die wir uns halten müssen. Das Programm, mit dem wir arbeiten, muss für Telemedizinische Leistungen zertifiziert sein. In meiner Praxis arbeiten wir mit Sprechstunde.online

Was ist eine geblockte Trachealkanüle?

Bei einer geblockten Trachealkanüle liegt etwas unterhalb der Kanülenkrümmung ein Ballon, der im aufgeblasenen Zustand die Kanüle umschließt und sich an die Innenwand der Luftröhre anlegt. Dieser Ballon heißt „Cuff“.

Als Folge dieser sogenannten Blockung (aufgeblasener Ballon) kann Atemluft nur noch durch die Kanüle ein- und ausströmen.

Wenn Ein Mensch mit geblockter Trachealkanüle aspiriert, dann werden die aspirierten Konsistenzen von diesem Ballon aufgehalten und sammeln sich oberhalb dieses Ballons.

Diese Konsistenzen müssen regelmäßig entfernt werden über

  1. Überstandsabsaugung: Mit einem Absaugkatheter wird über die Trachealkanüle abgesaugt, während die Luft aus dem Ballon abgelassen wird (entblocken). Die angesammelten Konsistenzen rutschen ab, werden aber gleich abgesaugt
  2. Subglottische Absaugung (Begriffserklärung s.u.): Manche Trachealkanülen haben ein sogenanntes subglottisches Absaugventil. Das ist ein zweiter Schlauch im äußeren Bereich der Kanüle, dessen in der Luftröhre liegendes Ende in einer Öffnung oberhalb des Ballons (Cuffs) endet. Über diesen Schlauch können Konsistenzen abgesaugt werden, die sich oberhalb des Cuffs angestaut haben. Da der Schlauch sehr dünn ist, ist er nur durchlässig für flüssige und glatte Konsistenzen.
    Begriffserklärung für ‚subglottisch’: sub = unterhalb / Glottis = Stimmritze (Bereich zwischen den beiden Stimmbändern) ‚subglottisch’ bedeutet also ‚unterhalb der Stimmritze’. Im Trachealkanülenmanagement ist der subglottische Raum der Raum zwischen Stimmritze und Cuff.

Kann eine geblockte Trachealkanüle Aspiration verhindern?

Oft trifft man auf Aussagen wie „Eine geblockte Trachealkanüle schützt vor Aspiration“. Mit dieser Aussage bin ich nicht einverstanden.

Zum Verständnis für meine Argumentation verweise ich zunächst auf meine beiden Blogbeiträge „Was ist Aspiration?“ und „Was ist eine geblockte Trachealkanüle?“.

Eine Trachealkanüle liegt in der oberen Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes. Wir erinnern uns: Aspiration passiert auf Stimmlippenebene, das heißt im Kehlkopf.

Eine geblockte Trachealkanüle kann Aspiration also nicht verhindern, denn sie liegt deutlich unterhalb der Stelle, an der aspiriert wird. Die Blockung der Trachealkanüle kann dabei helfen, ein Abrutschen aspirierter Konsistenzen in die tieferen Atemwege zu verhindern. Das heißt also, eine geblockte Trachealkanüle hilft, vor den Konsequenzen von Aspiration zu schützen. Absolute Sicherheit gibt es allerdings nicht, denn der Cuff schließt nicht vollständig dicht ab.
Ein weiteres Problem bei geblockter Trachealkanüle sollte nicht übersehen werden: Aufgrund der Blockung geschieht die Atmung nur noch über die Trachealkanüle, das heißt, es strömt keine Luft mehr durch Mund / Nase / Rachen / Kehlkopf. Dieser Luftstrom ist aber wichtig für die Gefühlswahrnehmung in der Kehle und somit für die Qualität des Schluckes.

Die Blockung einer Trachealkanüle kann zwar helfen, aspirierte Konsistenzen nicht in die Lunge abrutschen zu lassen, gleichzeitig besteht aber das Risiko, dass aufgrund des ausbleibenden Luftstroms durch Kehlkopf und Rachen nochmals schlechter geschluckt wird.
Wenn Sie eine geblockte Trachealkanüle haben und essen wollen, lassen Sie sich unbedingt von Ärztin/Arzt UND Logopädin/Logopäde die Risiken erklären und besprechen Sie, welches Vorgehen für Sie die geringsten Risiken mit sich führt.

Für welche Patienten ist Aspiration besonders gefährlich?

Menschen, die kräftig husten können UND eine gute Gefühlswahrnehmung im Rachen haben, kommen in der Regel mit Aspiration ganz gut klar. Diese Menschen spüren, wenn Ihnen etwas in den Kehlkopf rutscht, husten die aspirierte Konsistenz kräftig nach oben in den Rachen und schlucken die Konsistenz in die Speiseröhre – Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Ein Problem besteht bei Patienten, die durch neurologische Einschränkungen oder durch eine ‚geblockte Trachealkanüle‘ eine reduzierte Gefühlswahrnehmung im Eingangsbereich der Luftröhre haben. (Ich verweise auf meinen Blogbeitrag „Kann eine geblockte Trachealkanüle Aspiration verhindern?„)
Diese Menschen spüren nicht oder zu spät, dass ihnen etwas in die Atemwege rutscht und husten daher zu spät oder gar nicht. In diesem Fall kann die aspirierte Konsistenz in die tieferen Atemwege (Lunge) abrutschen.

Ein weiteres Problem haben wir bei Menschen, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr kräftig husten können. Diese Menschen können die aspirierte Konsistenz nicht mehr hochhusten, die Konsistenz kann in die tieferen Atemwege abrutschen und dort zu Lungenentzündungen führen.

Wie gefährlich ist Aspiration?

Für die Erklärung von Aspiration verweise ich auf meinen Blogbeitrag „Was ist Aspiration?

Aspiration kann ein großes medizinisches Risiko darstellen. Allerdings aspirieren auch gesunde Menschen regelmäßig.

Das eigentliche Risiko besteht darin, dass etwas, das aspiriert werden kann noch tiefer abrutscht und in den tieferen Atemwegen, also in der Lunge landet. Die Lunge reagiert mit einer Entzündung. So kommt es zu einer Lungenentzündung (Fachbegriff: Pneumonie). Der Fachausdruck für diese Art Lungenentzündung ist Aspirationspneumonie. Diese Lungenentzündungen sind sehr gefährlich und können einen tödlichen Verlauf nehmen.

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