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Auswirkungen einer Bestrahlung auf die Schluckfunktion

Bestrahlung aufgrund von Krebserkrankungen im Mund, im Rachen oder im Kehlkopf haben leider oft negative Auswirkungen auf die Schluckfunktion. Betroffene klagen oft über Schluckstörungen.

Um zu verstehen, wo diese herkommen (und wie wir sie verbessern können), müssen wir uns zunächst klar machen, wie das Schlucken eigentlich funktioniert. Der Schluckvorgang ist nämlich ein diffiziler Vorgang. Es müssen 52 Muskelpaare perfekt aufeinander abgestimmt zum exakt richtigen Zeitpunkt arbeiten.

Wenn wir an Schlucken denken, dann assoziieren wir das meist mit dem eigentlichen Schluck: Kaffee rutscht aus dem Mund in den Magen. Zack. Fertig. So funktioniert das, wenn der Schluckvorgang gesund abläuft.

Wie funktioniert Schlucken?

Stellen wir uns jetzt aber mal ein Stück Brezel ohne Belag vor, die wir in den Mund schieben. Die müssen wir abbeißen, kauen und einspeicheln, ohne dass sie uns zu früh nach hinten in den Rachen rutscht. Diesen gekauten Brei müssen wir auf der Zunge sammeln. Das klappt gut, wenn wir ihn gut spüren. Dann müssen wir den Speisebrei mit der Zunge nach hinten in Richtung Rachen drücken. Jetzt müssen wir in der richtigen Sekunde eine Schluckreaktion auslösen, damit der Speisebrei weiter durch den Rachen transportiert wird. Dabei muss auch noch sichergestellt sein, dass der Eingang der Luftröhre (der Kehlkopf) im richtigen Moment verschlossen wird. Und gleichzeitig öffnet sich die Speiseröhre. Und wenn jetzt auch noch die Rachenmuskulatur mit der richtigen Kraft den Speisebrei durch den Rachen quetscht, dann haben wir erfolgreich geschluckt, ohne dass Rückstände im Rachen hängenbleiben, und ohne dass uns etwas in den Eingang der Luftröhre gerutscht ist.

Welche Auswirkung hat eine Bestrahlung auf die Schluckfunktion?

Wenn nun aber Muskulatur z.B. durch Bestrahlung (oder weil ein Teil mit dem Tumor entfernt werden musste) nicht mehr flexibel und kraftvoll arbeiten kann, dann kommt es zu Schluckstörungen. Wenn nämlich irgendein Teil des gerade beschriebenen, perfekt aufeinander abgestimmten Ablaufes fehlt oder zu schwach arbeitet, dann bleibt die Brezel irgendwo hängen. Oder nur ein Teil davon rutscht in die Speiseröhre, und ein Teil rutscht in den Eingang der Luftröhre (Aspiration). Wir verschlucken uns.

Zusätzlich beobachten wir, dass sich durch Bestrahlung die Gefühlswahrnehmung ändert. Um die o.g. Brezel aber gut kontrollieren zu können, müssen wir sie spüren. Diese sogenannten Sensibilitätseinschränkungen erschweren das Kauen und Schlucken zusätzlich.

Viele der Menschen, die wir aufgrund von Schluckstörungen durch Bestrahlung begleiten, klagen aber bereits darüber, dass sie ihren eigenen Speichel nicht mehr schlucken können. Oder aber sie können den entstehenden, zähen Schleim nicht mehr ‚hochrotzen‘ und ausspucken. Das liegt mit daran, dass die Bestrahlung auch die Speicheldrüsen angreift. Der Speichel wird dann zäher und rutscht schlechter.

Logopädie kann helfen, Ihnen den Weg durch die Bestrahlung und den Weg zurück zum gesünderen Schlucken zu erleichtern.

Beschwerden durch Bestrahlung der Mundhöhle und des Rachens

Bei einer Bestrahlung aufgrund von Krebserkrankungen in der Mundhöhle oder im Rachen kann es zu Schluckstörungen und verschiedenen Beeinträchtigungen im Bereich des Sprechens kommen. Hier kann Logopädie helfen.

Im Rahmen meiner Weiterbildung bei Dr. Jerilyn Logemann an der Nortwestern University in Chicago habe ich zum Beispiel erlebt, dass Menschen mit Kehlkopfkrebs, Zungenkrebs oder Rachenkrebs bereits vor und während ihrer Bestrahlung ein intensives schlucktherapeutisches Trainingsprogramm durchgeführt haben. Dieses Vorgehen befürworte ich sehr.

Die Strahlentherapie führt leider oft dazu, dass die Muskulatur im Mund- und Rachenraum in ihrer Beweglichkeit und Kraft stark eingeschränkt wird. Oft sehe ich stark verhärtete Muskulatur und stark angegriffene Schleimhäute, was auch mit Schmerzen verbunden ist. Dies hat Auswirkungen auf die Schluckfunktion und die Artikulation. Das ist leider ein Teil des harten Weges, um den Krebs zu besiegen. Aber die Schluckfunktion und die Artikulation können Sie sich zurück erkämpfen. Und dabei unterstützen wir Sie gerne. Denn was Sie definitiv mit unserer Hilfe beeinflussen können, ist die Beweglichkeit der Muskulatur.

Sie können mit Logopädie Ihre Schluckfunktion besser erhalten. Und nach Ende der Bestrahlung können Sie sich die Funktion schneller wieder zurück erkämpfen. Ich formuliere das ganz bewusst so, denn der Weg ist hart. Aber es ist ein Weg. Und wir haben viele Menschen auf diesem Weg begleitet.

Das Ziel ist, den eigenen Speichel, Getränke und Speisen wieder zufriedenstellend aus dem Mund in den Magen befördern und Mahlzeiten wieder genießen zu können. Sie können das auch schaffen.

Wie kann Logopädie die Funktion während und nach der Bestrahlung unterstützen

Logopädie kann in diesem Fall helfen, die Folgen der Strahlentherapie zu mildern. Sie verbessern mit Logopädie die Funktionalität der Muskulatur und damit die Schluckfunktion (und die Sprechfunktion). Dabei ist das Ziel, die Beweglichkeit der Muskulatur im Mund- und Rachenraum durch gezieltes Training zu stärken und zu verbessern. Ich spreche hier von ‚Mukibude‘ für die Zunge‘.

Es ist meiner Erfahrung nach wichtig, mit der Logopädie möglichst frühzeitig zu beginnen. So maximieren Sie den Erfolg und können möglichen Komplikationen vorbeugen. Eine regelmäßige und konsequente Teilnahme an den Therapiesitzungen und konsequentes Training zu Hause ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Zusätzlich können wir Sie dabei unterstützen, dass Sie ausreichen Kalorien und Flüssigkeit zu sich nehmen. Erfahrungsmäß ist ein großes Thema der Umgang mit dem zäheren Speichel und Schleim. Logopädie kann Sie darin unterstützen, mit der Verschleimung wieder besser umgehen zu können.

Ich wiederhole mich bewusst noch einmal: Der Weg ist hart. Aber wir gehen ihn mit viel Erfahrung und Spezialisierung mit Ihnen. Und wir unterstützen Sie gerne auf dem Weg zurück zur erfolgreichen Ernährung über den Mund.

Einer der Gründe, warum wir unseren Beruf lieben: Wenn ein Mensch, der im Extremfall eine Trachealkanüle haben musste und über Magensonde ernährt wurde, zuerst die Kanüle entfernen lassen kann … und dann auch noch die Magensonde nicht mehr nötig ist, weil Essen und Trinken wieder über den Mund realisiert wird, dann freuen auch wir uns darüber unendlich.